Monotone, repetitive Aufgaben gibt es in den meisten Berufen, häufig aber machen sie nur einen geringen Teil des Arbeitsalltags aus. Insbesondere in der Versicherungsbranche sieht dies jedoch oft anders aus. Daten spielen hier eine entscheidende Rolle und müssen von Mitarbeitern manuell (ein-)gepflegt werden. Diese Prozesse sind nicht nur fehleranfällig, sondern auch ineffizient. Fachkundige Mitarbeiter verbringen oft mehr Zeit mit administrativen Arbeiten als mit der Kundenbetreuung. Daher setzen Entscheider in der Branche zunehmend auf Robotic Process Automation (RPA) für Versicherungen, um solche sich ständig wiederholenden Prozesse zu automatisieren und dadurch Ressourcen freizusetzen. Welche Herausforderungen sie bei der Einführung meistern müssen und wie die Skalierung gelingt, weiß Peter Helfenstein. Sie ist Senior Business Development Manager Banking, Financial Services, Insurance bei Endava.
Die Roboter kommen: RPA für Versicherungen
Das Versprechen von RPA klingt verlockend: Mehr Effizienz und niedrigere Kosten durch die schnelle Automatisierung vieler Prozesse. Entsprechend zeigt eine aktuelle IDG-Studie, dass sieben von zehn deutschen Unternehmen bereits mindestens fünf Prozesse mithilfe von Software-Robotern (Bots) automatisiert haben. Zudem erwarten die Befragten, dass der Stellenwert von RPA bis zum Jahr 2025 deutlich steigen wird.
Diese Prognose verwundert nicht, da die Vorteile von RPA in vielen Branchen zum Tragen kommen können. Dazu gehören insbesondere diejenigen, in denen zwar relativ einfache, aber dennoch langwierige und monotone Geschäftsprozesse zum Alltag gehören. Ein Beispiel hierfür ist die Versicherungsbranche. Berater verbringen einen Großteil ihrer Arbeit damit, selbst schon elektronisch eingehende Daten – etwa von Neukunden sowie bei Änderungen von Policen oder Schadensfällen – manuell in verschiedene interne oder Partner-Systeme einzupflegen, anzupassen, zusammenzuführen und sie zu analysieren. Dies kann zum einen dazu führen, dass sich aufgrund von Unaufmerksamkeiten Fehler einschleichen. Gerade bei Versicherungen können vermeintlich kleine Fehler schnell weitreichende Auswirkungen haben. Zum anderen sinkt die Motivation der Mitarbeiter, wenn sie hauptsächlich mit wenig fordernden Routine-Aufgaben beschäftigt sind.
Software Roboter bezeichnen digitale Anwendungen, die in Unternehmen die Mitarbeiter entlasten, indem repetitive und regelbasierte Aufgaben automatisiert werden. Die Automatisierung mit Software Robotern wird auch Robotic Process Automation (RPA) genannt.
Mehr Effizienz, weniger Fehler dank RPA für Versicherungen
RPA-Software bietet Versicherungen die Möglichkeit, ihre Mitarbeiter und deren Expertise sinnvoller einzusetzen. Dabei können sie gleichzeitig die Datengenauigkeit erhöhen und Arbeitsabläufe effizienter gestalten, um so im Endeffekt die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Die eingesetzten Bots ahmen dabei das menschliche Nutzerverhalten auf Basis konkret festgelegter Regeln oder gezielt unterstützt mit künstlicher Intelligenz und auch auf derselben Ebene wie die Nutzer nach. Damit greifen sie nicht in die zugrundeliegende IT-Infrastruktur ein. So ergeben sich eine Reihe von Anwendungsfällen, wie zum Beispiel:
- Die Meldung und Bearbeitung von Versicherungsfällen: Bei der Bearbeitung von Schadensfällen müssen Versicherer große Mengen an Daten aus unterschiedlichen Quellen sammeln und zusammenführen. RPA erleichtert dieses Vorgehen, indem Prozesse wie die Datenextraktion, komplexe Fehlerverfolgung, Anspruchsprüfung oder Integration von schadenrelevanten Datenquellen automatisiert und dadurch erheblich beschleunigt werden.
- Das Underwriting: Auch hierbei werden Informationen aus verschiedenen Quellen zusammengetragen, um das Risiko eines Kunden im Kontext bestimmter Versicherungspolicen einzuschätzen. Durch RPA für Versicherungen lässt sich die Datenerfassung aus internen und externen Quellen automatisieren. Aber auch interne Systeme lassen sich mit den relevanten Informationen befüllen und entsprechende Reports erstellen.
- Compliance: Der Versicherungssektor muss strenge gesetzliche Vorgaben, beispielsweise bei der Dokumentation, und natürlich auch die DSGVO einhalten. Die Vielzahl manueller und damit fehleranfälliger Prozesse erhöht jedoch das Risiko von Verstößen. Erfolgen diese Prozesse dagegen automatisiert, sinkt die Fehlerquote und damit das Risiko.
Die richtigen Prozesse richtig automatisieren
Doch was müssen Versicherungsgesellschaften beachten, die mithilfe von RPA Geschäftsprozesse automatisieren wollen? Zunächst müssen sie das Automatisierungspotenzial identifizieren. Dafür bieten sich etwa Process-Mining-Lösungen an. Sie können erfassen, welche Prozesse wie innerhalb der Systeme ablaufen und bei welchen Verzögerungen entstehen, Eingaben redundant vorgenommen werden oder regelmäßig Probleme auftauchen. Im Anschluss sollten Versicherer prüfen, ob diese Prozesse für die Automatisierung geeignet sind oder auf anderem Wege besser optimiert werden können. Hochkomplexe Prozesse mit vielen Abhängigkeiten, bei denen Daten in vielen unterschiedlichen Anwendungen verarbeitet werden sollen, kommen beispielsweise für RPA weniger infrage. Denn sie können sehr wartungsintensiv sein.
Im nächsten Schritt geht es bei der Umsetzung darum, erste Umgebungen aufzusetzen und Bot-Systeme zu entwickeln. Die Roadmap zur Automatisierung sollte dafür konkrete Beschreibungen der Prozessabläufe beinhalten. Dies schließt die einzelnen Schritte und Regeln, denen der jeweilige Bot folgen soll ein. Nach der Entwicklung eines RPA-Bots ist dieser ausgiebig zu testen. So ist sicherzustellen, dass er alle Funktionen wie gewünscht ausführt und keine Fehler auftreten. Da es RPA-Tools mit vielen unterschiedlichen Eigenschaften und Fähigkeiten gibt, sollten Versicherer zudem darauf achten, dass sie ein Werkzeug wählen, das ihren individuellen Anforderungen gerecht wird. Darüber hinaus ist es wichtig, die Mitarbeiter von Anfang an in das Projekt zu integrieren und ihnen die Vorteile der Automatisierung für ihre Arbeit zu vermitteln. Denn der Erfolg von RPA hängt auch davon ab, dass die Mitarbeiter bereit sind, sich die Software-Roboter im Arbeitsalltag zunutze zu machen.
Maximaler Nutzen dank der passenden Strategie
Wenn nach ersten erfolgreichen Bot-Projekten die unternehmensweite Skalierung ansteht, brauchen Versicherer eine umfassende Gesamtstrategie mit konkreten Zielen, die mithilfe von RPA-Software zu erreichen ist. Andernfalls kann die RPA-Initiative an Fokus, Dynamik und Managementunterstützung verlieren oder gar scheitern. Dazu gehört ebenfalls eine Roadmap. Sie beinhaltet alle Details über die zu automatisierenden Geschäftsprozesse, die notwendigen finanziellen, personellen und organisatorischen Ressourcen sowie ein Change-Management, das dafür sorgt, dass Mitarbeiter den Umgang mit der neuen Technologie lernen und dadurch den Weg aktiv mitgehen.
Die Investition in RPA-Software für Versicherungen lohnt sich. Denn im Arbeitsalltag ihrer Mitarbeiter stehen monotone Routine-Aufgaben immer auf der Tagesordnung. Dies sind beispielsweise die Übertragung der Daten sowie die Prüfung, der Abgleich von Daten oder das Ziehen von und Berichten. Sind solche Prozesse automatisiert, können sie sich nicht nur stärker auf das eigentliche Kundengeschäft konzentrieren. Sie beseitigen auch unnötige Fehler und Ineffizienzen, sodass sie insgesamt intelligenter arbeiten. Dies gelingt nach ersten Erfolgen jedoch mittel- und langfristig nur, wenn die Verantwortlichen bei der Automatisierung von Anfang an einen klaren Plan verfolgen.
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