Die Foodbranche ist im Wandel und gerade der Lebensmittelgroßhandel steht vor der Herausforderung, sein Geschäft IT-seitig auf die Anforderungen der digitalen Welt vorzubereiten. Dabei hat die Branche hohe Anforderungen an Dokumentation, transparente Nachweispflichten, Optimierung des Materialeinsatzes, Rückkopplung von Wiegedaten und vieles mehr. Welche ERP-Lösung ist in der Lage, all dies abzubilden und ist trotzdem flexibel genug, auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten? Darüber habe ich mit Norbert Lutz, Geschäftsführer von Lutz Consulting gesprochen. Er hat bereits zahlreiche Lebensmittelgroßhändler bei der Einführung eines passenden ERP-Systems betreut und kennt die Anforderungen und Fallstricke.
ERP im Lebensmittelgroßhandel: „Der Clou liegt in schlanken Prozessen!“
Themenwoche Spezial: Branchenfit von Cloud-ERP-Systemen mit Gastredakteur Carsten Schröder
Welche Unternehmenslösung passt zu mir – heute und in Zukunft? Bei der Suche nach einer geeigneten ERP-Lösung haben mittelständische Unternehmen die Qual der Wahl. Eine erste wichtige Frage lautet meistens: Entscheide ich mich für eine branchenspezifische Komplettlösung oder eine flexible und modular aufgebaute Unternehmensplattform?
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, hat EAS MAG in der aktuellen Themenwoche zum Thema „Branchenfit von Cloud-ERP-Systemen“ einen Gastredakteur an Bord geholt: Normalerweise verantwortet Carsten Schröder als President of Cloud ERP die Go-to-Market- und Vertriebsstrategie von lexbizz, der Cloud-ERP-Plattform von Lexware für den Mittelstand. Diese Woche schlüpft er in die Rolle als Gastredakteur für EAS MAG und interviewt drei Digital- und Softwareberater zum Thema Branchenfit bei modernen ERP-Lösungen. Dabei entlockt Carsten Schröder den Experten hilfreiche Tipps, was Unternehmen bei der Wahl einer ERP-Lösung beachten sollten und wie sie den richtigen Fit für ihre Branche finden können.
Carsten Schröder: Gibt man bei Google „ERP Lebensmittelhandel“ ein, dann werben unzählige ERP-Anbieter mit der perfekt maßgeschneiderten Food-Lösung und unzähligen Funktionen. Ihr habt Expertise in der Betreuung von Großhändlern im Lebensmittelbereich. Was ist besser: eine spezifische Out-of-the-Box-Branchenlösung oder eine flexibles ERP-System mit Standards, die sich an die branchenspezifischen Bedürfnisse anpassen lassen?
Norbert Lutz: Da hast du Recht! So vielfältig der Lebensmittelgroßhandel, so groß ist auch die Spannweite der möglichen Funktionen, die ein ERP-System umfassen kann. Von Preislisten, Tourenplanung und Verpackungseinheitenabrechnung über Partie- und Chargenabrechnung bis hin zur Zerlegekalkulation und mehr ist das Angebot nahezu überwältigend. Wer soll da den Überblick bewahren?
Der Clou liegt in schlanken Prozessen! Denn der Großhandel zeichnet sich eigentlich durch drei zentrale Kernprozesse aus: Einkauf, Lagerhaltung und Verkauf. Und genau diese Kernprozesse lassen sich mit schlanken ERP-Systemen bereits im Standard sehr gut abbilden, ohne, dass ihre Anwender von den vielen, überdimensionierten Funktionen und Workflows überfordert werden.
„Der Clou liegt in schlanken Prozessen!“
Wir empfehlen daher: Großhändler sollten sich lieber auf schlanke Standardprozesse fokussieren, die sich an branchenspezifische Anforderungen anpassen lassen, anstatt ein komplexes Systemkoloss einzuführen, das ihre Mitarbeiter durch zu viel Branchenspezifika erschlägt.
Carsten Schröder: Dennoch muss ja gerade der Lebensmittelhandel besonders hohe Qualitätsstandards, Gütesiegel und Anforderung an Rückverfolgbarkeit einhalten. Transparenz ist das A und O. Welche ERP-Funktionalitäten sind für den Lebensmittelgroßhandel essenziell?
Die meisten ERP-Systeme bieten Standardfunktionen wie Finanz- und Rechnungswesen, Stammdaten- und Lagerbestandsverwaltung. Für die Lebensmittelbranche sind darüber hinaus einige weitere Funktionen Pflicht.
Egal, ob ein Großhändler mit Frischware oder Naturkost handelt, einen Gastro-Service bietet oder Lebensmittel importiert – die Verwaltung des Mindesthaltbarkeitsdatums ist für sie alle unerlässlich. Nach dem Prinzip „First expired – First out“ ordnet das ERP-System die Waren nach Verfallsdatum. So können die Mitarbeiter im Lager die Ware nach ihrem Ablaufdatum für den Versand vorbereiten, um Warenverfall und Überschuss zu vermeiden.
Zusätzlich ist es in der Lebensmittelbranche wichtig, verschiedene Chargen zu führen und eine übersichtliche Auflistung der enthaltenen Zutaten zu ermöglichen. Gerade die Bio-Lebensmittelindustrie basiert auf strikten Regelungen, besonders bei Geschmacksverstärkern oder künstlichen Farb- und Aromastoffen. Jeder Großhändler muss nachweisen können, dass er diese Vorgaben erfüllt. Diese Form der Transparenz und Nachvollziehbarkeit sollten ERP-Systeme bieten.
„Die Gewichtsaufschlüsselung ist im Lebensmittelhandel essenziell“
Und zuletzt ist im Lebensmittelhandel die Gewichtsaufschlüsselung essenziell. Eine Salami, eine Aubergine oder Birne wiegt nicht immer gleich viel. Diese Variabilität im Gewicht ist in den EAN-Codes enthalten und muss vom ERP-System entsprechend interpretiert werden.
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Carsten Schröder: Deine Softwareagentur Lutz Consulting ist langjähriger Lexware Partner und begleitet die Cloud-ERP lexbizz bereits seit ihren Entwicklungsanfängen. Seit kurzem setzt ihr lexbizz sogar bei euch selbst ein. Warum empfehlt ihr gerade Cloud-ERP-Systeme wie lexbizz auch für den Lebensmittelgroßhandel?
Norbert Lutz: Zunächst sind wir insgesamt Verfechter von Cloud-Lösungen für den Mittelstand. Bei KMU sind Cloud-ERP-Systeme auf dem Vormarsch, denn sie sind flexibler und anpassbarer als ihre On-premise-Vorgänger oder Konkurrenz. Da man lediglich ein Internetfähiges Device benötigt, um sich ins System einzuwählen, können Unternehmen von überall aus auf die Daten zugreifen. Wie essenziell dieser Umstand für den Geschäftserhalt ist, sehen wir ja ganz aktuell während Corona.
„Cloud-ERP ist flexibel und anpassbar“
Nehmen wir die Cloud-ERP lexbizz als Beispiel, mit der wir bereits sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Die Cloud-Lösung ist insgesamt kostengünstig, da keine Hardware angeschafft und gewartet werden muss. Sie verfügt über schlanke, leicht implementierbare Standardprozesse, die wie eine Art „Schnell-Digitalisierung“ wirken und immense Produktivitätssteigerung mit sich bringen. Und da sie alle Unternehmensbereiche digital miteinander vernetzt und in Echtzeit miteinander synchronisiert, greifen alle Abläufe perfekt ineinander. Das spart Zeit, Kosten und Nerven der Mitarbeiter.
Viele unserer Kunden aus der Lebensmittelbranche profitieren genau von diesen Vorteilen. Einer unserer Kunden, der Fleischwaren an vielfältige Abnehmer verkauft, hat etwa den Corona-bedingten Lockdown genutzt, um sein gesamtes Unternehmen in lexbizz zu überführen. Angefangen von der Auftragsverwaltung über das Bestandsmanagement bis hin zur Warenwirtschaft, die Buchhaltung und den Vertrieb. Dank der einfachen Benutzerführung, der einheitlichen Standardprozesse und hilfreichen Automatisierungen konnte er fünf Mitarbeiter in kürzester Zeit onboarden.
Außerdem profitiert er davon, dass die Cloud-ERP lexbizz nicht nur seine branchenspezifischen Ansprüchen genügt, sondern auch grundsätzlich wichtige Features bietet, die ein erfolgreiches Unternehmen auf Wachstumskurs benötigt: Nämlich Flexibilität in der Auftragserstellung und -abwicklung sowie Kundenzentrierung durch Kaufhistorien und smarte Datenauswertungen, mittels derer das Unternehmen seinen Kunden individuelle Angebote und Rabatte ermöglichen und die Kundenbindung erhöhen kann. Der Kunde profitiert auch von digitalen Vertriebsmodulen, mit denen die Vertriebsmitarbeiter beim Abnehmer vor Ort exzellente Services wie Sofort-Auskünfte, Bestellabwicklungen und vieles mehr bieten können.
Carsten Schröder: lexbizz positioniert sich ja als Standard-Plattform für den Mittelstand. Die besondere Branchenexpertise, die der Lebensmittelgroßhandel benötigt, bietet ihr als Implementierungspartner. Welche Erfahrungen habt ihr hinsichtlich der Anpassung der Standardlösung lexbizz gemacht?
Norbert Lutz: Aus eigener Erfahrung können wir sagen, dass die Cloud-ERP lexbizz sehr gut für den Großhandel geeignet ist. Neben den klassischen Standardfunktionen wie Einkauf, Verkauf, Lagermanagement und Finanzbuchhaltung sind zusätzlich bereits viele Funktionen enthalten, die ein Lebensmittelgroßhandel benötigt. Damit erfüllt lexbizz die eingangs erwähnten, schlanken Prozesse und bietet gleichzeitig spezielle Branchenfunktionalitäten, die wichtig sind.
Unsere Lebensmittelkunden profitieren im Standard bereits von:
- Verschiedenen Artikeleinheiten für Einkauf und Verkauf
- Handelseinheiten, d.h. nicht jedes Stück eines Artikels hat das gleiche Gewicht, sondern diese sind variabel
- Möglichkeiten, die Unter- und Überlieferungsschwellen aufgrund der Handelseinheiten einzustellen
- Chargennummernverwaltung mit Ablauf (MHD)
- Barcodeerkennung von EAN13 und GS1
- Hinterlegung der verschiedenen Einheiten-Barcodes im Artikel
Dank der flexiblen Cloud-Architektur kann ich als Implementierungspartner sehr leicht Anpassungen vornehmen. Das reicht von individuell benötigen Feldern und Eigenschaften bis hin zu Auswertungen, Dashboards und Berichten.
„Implementierungspartner können Anpassungen vornehmen“
Doch auch komplexere Anforderungen konnten wir mit lexbizz realisieren. Wir haben für einen Lebensmittelgroßhandels-Kunden über die offene API auch eine eigene App erstellt zur Erleichterung des Kommissionierungsprozesses bei unterschiedlichen Warengewichten direkt über den Bestellzettel. Auch diese Anbindung an lexbizz war sehr gut möglich.
Carsten Schröder: Genau diese technologische Offenheit und Anpassbarkeit zeichnet die ERP-Plattform lexbizz aus, denn in unserer schnelllebigen Welt ermöglicht sie es Unternehmen, auf unvorhersehbare Entwicklungen schnell reagieren zu können. Was sind denn aus deiner Sicht wichtige Herausforderungen, die der Lebensmittelgroßhandel auf dem Schirm haben sollte? Und was bedeuten diese für die Unternehmens-IT?
Norbert Lutz: Es mag banal klingen, aber ganz grundsätzlich sehen wir bei unseren Kunden aus der Lebensmittelbranche die Digitalisierung und die Offenheit für die Cloud als zentrale Herausforderungen. Wir haben Kunden, die noch überwiegend mit Word und Excel arbeiten, die ihr Lager mit Papier managen oder auf unzählige isolierte Einzelsoftwarelösungen setzen. Die Möglichkeiten der Digitalisierung und hier gerade der Cloud-Technologie zu erkennen und ihre Unternehmens-IT zu verändern, ist eine große Herausforderung. Doch als Digitalberater setzen wir genau hier an und begleiten diese Kunden in Richtung Cloud. Die Corona-Krise hat hier durchaus als Katalysator gewirkt, denn standortunabhängiges Arbeiten wurde über Nacht zur Pflicht. Und das geht nun mal einfacher mit Cloud-basierter Unternehmens-IT.
„Neue Kundenbindungsmaßnahmen werden wichtiger“
Direkt damit zusammenhängend merken wir, dass viele Unternehmen im Großhandel sich gerade zum Sprung bereit machen und offen sind für neue Geschäftsmodelle und Services wie etwa Onlinebestellkataloge und B2B-Portale, mit Diversifikation des Verkaufs vor Ort, im Lager oder mit Pop-up-Verkaufswagen an einkaufsstarken Standorten. Auch die Möglichkeiten, über einen mobil perfekt ausgestatteten Vertrieb – vom Auslieferfahrer bis hin zum Vertreter – neue Kundenbindungsmaßnahmen und Services zu bieten, setzen sich durch.
Für diese innovativen Gehversuche benötigen Unternehmen – nicht nur im Lebensmittelgroßhandel, sondern insgesamt – eine Unternehmens-Software, die flexibel mitwächst, ganz einfach neue Services freischaltet und eintretendes Wachstum kosteneffizient managt. Gerade in modernen, Cloud-basierten ERP-Systemen sehen wir diese Anforderungen sehr gut umgesetzt.
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