Artjom Bruch, CEO von Trusted Returns gibt uns Einblicke zur Rolle von Retouren-Warenhäusern und die Relevanz eines effizienten Retourenmanagements
Retouren-Warenhäuser – Auf dem Weg zu einem ganzheitlichen Retourenmanagement
Retouren von Onlineshopping-Artikeln sind Teil des Einkaufserlebnisses. Sie können bei Kunden immer wieder für Frustration sorgen, für Onlinehändler bieten sie aber viel ungenutztes Potenzial. Davon abgesehen stellen sie nicht nur eine große Herausforderung für viele Unternehmen dar, sondern sind auch für die Umwelt problematisch. Steigende Retourenquoten werfen Fragen über die Nachhaltigkeit und Effizienz des Onlineshoppings auf und erfordern innovative Ansätze, um sowohl den ökonomischen als auch den ökologischen Aspekt zu berücksichtigen. Der Onlineversandhandel für Mode und Accessoires gehört zu den am meisten betroffenen Segmenten, die mit hohen Retourenquoten zu kämpfen haben.
Zu den größten Kostentreibern bei der Bearbeitung von Retouren gehören die Prüfung der zurückgesendeten Ware, die Sortierung und die Qualitätskontrolle. Laut einer Studie des EHI können circa 50 bis 75 Prozent der retournierten Produkte als A-Ware weiterverkauft werden. Das bedeutet, dass in bis zur Hälfte aller Fälle ein retourniertes Produkt nicht mehr als A-Ware bezeichnet werden kann und daher als B-Ware weiterverkauft wird. Etwa 20 Millionen retournierte Artikel landen pro Jahr im Müll, was nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch bedenklich ist.
Um dies in Europa zu verhindern, hat die EU eine Ökodesign-Richtline erlassen, die nach Umsetzung in Rechtsprechung der Länder, die Vernichtung unverkaufter Kleidung verbietet. Durch diese EU-Richtlinie sind viele Onlinehändler gezwungen, neue Lösungen für den Umgang mit zurückgesendeter Ware zu finden. Hier kommen Retouren-Warenhäuser ins Spiel, die unverkaufte oder sogenannte B-Ware zu günstigen Preisen weiterverkaufen oder sogar in Form von Spenden weitergeben.
Retouren-Warenhäuser sind effektiv, behandeln aber nicht die Ursache
Die Ökodesign-Richtlinie der EU hat neuen Handlungsdruck erzeugt: Einige Online-Händler haben bereits Maßnahmen ergriffen, um die Auswirkungen von Retouren auf ihre Profitabilität zu reduzieren. Bestehende Modelle wie Amazon Retourenkauf (ehemals Amazon Warehouse), Zalando und H&M, die gebrauchte Ware zu reduzierten Preisen anbieten, sind in diesem Zusammenhang von Vorteil. Damit versuchen die Online-Händler, retournierte Ware weiterzuverkaufen, anstatt sie zu entsorgen. Somit spielen Retouren-Warenhäuser von Dritten, aber auch eigene Kanäle für B-Ware, eine bedeutende Rolle im E-Commerce, da sie einen effizienteren und umweltfreundlicheren Umgang mit zurückgesendeter Ware unterstützen. Sie gelten als ein Teil der Lösung zum Umgang mit Retouren und daraus resultierender B-Ware.
Um die Ursachen von zurückgesendeten Produkten zu adressieren und die Retourenabwicklung effektiver zu gestalten, ist eine umfassende Strategie notwendig. Nur so ist es für Online-Händler möglich, mithilfe der EU-Regulatorik und der Retouren-Warenhäuser, auf lange Sicht die Belastungen durch Retouren zu minimieren und gleichzeitig ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit sicherzustellen. Einerseits können die EU-Richtlinie und Retouren-Warenhäuser zur Milderung des Problems beitragen, indem sie die Menge der sonst zu entsorgenden Textilien – und damit die Umweltbelastung – reduzieren. Andererseits befassen sie sich nur mit einem Teil des Problems. Die zugrundeliegenden Ursachen für die hohen Retourenquoten und Möglichkeiten für eine effizientere Aufbereitung der zurückgesendeten Ware werden dabei noch nicht beachtet.
Nachhaltige Retourenabwicklung: Gemeinsame Verantwortung von Händlern und Konsumenten
Die Auslöser von Retouren sind vielfältig und betreffen viele Bereiche, in denen neue Strategien und Lösungen notwendig sind. Neue Wege, um den Umgang mit Retouren zu erleichtern, sind erforderlich. Die EU-Ökodesign-Richtlinie soll dazu beitragen, dass nicht-gekaufte Kleidung nicht mehr nur entsorgt wird und stellt dabei eine Herausforderung für die Online-Händler dar. Dennoch ist dabei nicht nur die Rolle der Online-Händler, sondern auch die der Konsumenten wichtig – in diesem Sinne gehören zwei dazu: Überproduktion und Überkonsum sind zwei der größten Herausforderungen in der Modeindustrie. Es wird mehr produziert als notwendig ist, was ein rapides Konsumverhalten befeuert, während mehr bestellt als behalten wird. In Extremfällen entsteht dabei die Illusion, dass die Warenflut auf die notwendige Nachfrage trifft, jedoch werden in der Praxis eben nicht alle von Verbrauchern bestellten Waren behalten und damit auch verkauft. Daher ist ein Engagement von Seiten der Online-Händler und der Konsumenten unerlässlich.
Nicht nur neue Ansätze seitens der Online-Händler, sondern auch ein bewussteres Agieren der Verbraucher sollen dazu beitragen, das Retourenmanagement effizienter zu gestalten. Die Möglichkeit eines gezielten Austauschs mit Kunden und Kundinnen auch nach dem Kauf sollte dabei helfen. Dies unterstreicht die Bedeutung einer ganzheitlichen Herangehensweise, die sowohl die Verhaltensweisen der Verbraucher als auch die Geschäftspraktiken der Händler berücksichtigt. Mehr Transparenz auf Seiten der Onlinehändler und ein besseres Management der Kundenerwartungen an Produkte sind dabei essenziell. Letztendlich, um eine ausgewogene Balance zwischen Kundenorientierung und einem effizienten Retourenmanagement zu erzielen, die entlang geltender Regulatorik umsetzbar ist, ist ein Gleichgewicht aus Effizienz, Transparenz und Umweltbewusstsein notwendig.
Ein effizientes Retourenmanagement sowie ganzheitliche Lösungen sind notwendig
Um Online-Shopping effizienter zu gestalten und parallel ökonomische und ökologische Pflichten zu erfüllen, ist ein optimiertes Retourenmanagement bedeutend. Es erfordert eine klare Kommunikation der Rückgaberichtlinien und Produktdetails, um die Erwartungen der Kunden zu managen, sowie die Optimierung von Prozessen, um den Umgang mit retournierter Ware umweltfreundlicher und effizienter zu gestalten. Insgesamt verdeutlicht dies die Komplexität des Problems von Retourenquoten im E-Commerce innerhalb des geringen Handlungsspielraums, den gängige Praktiken wie der Paketbeileger ermöglichen. Eine umfassende Strategie, die verschiedene Akteure einbezieht und sowohl ökonomische als auch ökologische Aspekte berücksichtigt wird durch die EU-Öko-Designrichtlinie verpflichtend. Allerdings adressieren einzelne Ansätze wie Retouren-Warenhäuser lediglich die Symptome und nicht die eigentlichen Ursachen des Problems. Eine umfassendere und vielschichtiger Lösung ist zusätzlich erforderlich.
Eine durchdachte Strategie für effizienteres Retourenmanagement ist dabei ein Werkzeug, durch welches alle Seiten profitieren können. Digitale Ansätze für das Retourenmanagement im After-Sales stärken die Kundenbindung mittels mehr Transparenz und zusätzlichen Kommunikationsschnittstellen. Während optimierte Prozesse sowohl die Umweltbelastung reduzieren als auch wirtschaftliche Vorteile ermöglichen können. Unternehmen müssen nicht nur die unmittelbaren Auswirkungen von Retouren mildern, sondern auch die Ursachen hoher Retourenquoten adressieren, um strategischen und effizienten After-Sales zu betreiben. Obwohl Retouren-Warenhäuser helfen, die Umweltbelastung durch weggeworfene Produkte zu mindern, bleibt das häufige Unwissen über die Ursache der Rücksendungen weiterhin eine Herausforderung. Insgesamt zeigt sich, dass effizientes Retourenmanagement im Onlinehandel unerlässlich ist und durch innovative Strategien ein großes Potenzial entfalten kann.
Der Beitrag wurde ursprünglich hier veröffentlicht
#EAS-MAG.digital News